Während die als großer Wurf angekündigte NFC (Near Field Communication) in Deutschland noch auf Standards, Anbieter und Kunden wartet, etabliert sich ein neuer Player: Bluetooth Smart oder BLE (Bluetooth Low Energy), die auf die Beacon-Technologie setzen. Beacons sind Sensoren, die mittels Bluetooth-Low-Energy (BLE) innerhalb einiger Meter eine Verbindung zu Bluetooth-fähigen Mobilgeräten herstellen können.
Die Möglichkeiten der Technologie sind vielfältig. Speziell im Handel und der Systemgastronomie könnte BLE den Durchbruch der bereits mit NFC diskutierten, kontaktlosen Szenarien bedeuten. Ich habe einige wenige Beispiele grob angerissen, die speziell in meinen Fachgebieten liegen. Natürlich gibt es innerhalb und außerhalb von Handel und Systemgastronomie noch vielfältige Einsatzmöglichkeiten.
Durch BLE lassen sich Kundenbindungs-Systeme implementieren, die ohne flächendeckende Verbreitung von Technologien nur sehr schwer möglich gewesen wären.
Der Kunde kann durch BLE und in Verbindung der entsprechenden „App“ heute schon automatisch identifiziert werden. Diese Identifikation kann genutzt werden, um Bezahlsysteme zu aktivieren oder automatisierte Check-Out-Prozesse vorzubereiten und letztendlich auch durchzuführen.
Auch kann der Besuch eines Kunden durch automatisch verteilte Coupons, Sonderangebote, Punkte, etc. belohnt werden. Da sich aber in den letzten Jahren die Sensibilität der Kunden in Bezug auf Push-Werbung erhöht hat, ist es sinnvoll, sie wohldosiert einzusetzen und den Kunden bei der Entscheidung immer miteinzubeziehen.
Da im ersten Schritt nur das Endgerät des Kunden benötigt wird, erfolgt die Integration in den Store ohne massiven Eingriff in die bestehenden Prozesse oder zusätzliche Aufgaben für die Belegschaft.
BLE ist die perfekte Ergänzung von mobilen Bestellsystemen oder dem sogenannten „dual point“ Service, bei dem Bestellung und Bezahlung getrennt von Produktion und Übergabe stattfinden.
Wenn sich im Gastraum mehrere (i)Beacons befinden, kann der Gast auf ca. 1 bis 2 Meter genau lokalisiert werden. Dies erlaubt es dem Betreiber, dem Gast die bestellten Speisen direkt an den Tisch zu servieren.
Als Zusatznutzen kann das Problem des rechtzeitigen Produktionsstarts, das bei mobilen Bestellsystemen immer besteht, durch BLE adressiert werden. So kann der Gast beim Eintritt in das Restaurant identifiziert werden. Die Bestell-App holt sich vom Gast die Bestätigung und startet die Produktion. Kombiniert mit dem Tisch-Service entsteht hier ein neues Gäste-Erlebnis.
Da nicht das Gerät des Gastes, sondern – unter Kontrolle des Betreibers befindliche – (Cloud-)Server die Kommunikation steuern, ist eine Schnittstelle zum Kassensystem (POS) oder BackOffice System (BOS) mit schnell und mit überschaubarem Aufwand möglich.
Da sich Drive-Systeme sowohl im Handel (Click & Collect) wie auch im Bereich der QSR großer Beliebtheit erfreuen, kann BLE die Automatisierung und die damit verbundenen Vorteile wie z. B. erhöhten „Speed of Service“ oder vereinfachte „Check-Out Prozesse“, vorantreiben.
So könnte der Kunde bzw. der Gast bei Einfahrt in den Drive identifiziert werden und ggf. vorhandene Bestellungen in der Produktion (bzw. beim Handel in der Kommissionierung) eingekippt werden, Standard-Bestellungen geladen, Bezahlsysteme aktiviert und der Check-Out vorbereitet werden.
Durch die intelligente Verteilung der Beacons in Gebäuden wird eine Navigation im Gebäude ermöglicht. Der kann sich über intelligente Suchfunktionen (z. B. nach Produkten, Marken, Services, etc.) der Betreiber-Apps durch das Gebäude führen lassen. Neben den Vorteilen für den Kunden können Auswertungen über Laufwege oder Dauer auch für den Betreiber nützlich sein.
Konsequenterweise muss an dieser Stelle die Möglichkeit der kontaktlosen Bezahlung angesprochen werden.
Die Implementierung über sogenannte eWallets, integriert in die Betreiber-Apps, macht hier Sinn. Durch die wesentlich höhere Reichweite im Vergleich zu NFC kann auch hier ein Vorteil von BLE erkannt werden. Die nahtlose Integration in die Apps der Anbieter und Betriebssysteme der Hersteller sowie die ersten Produkte von Bezahldienstleistern macht Mut.
Bluetooth smart oder BLE (Bluetooth Low Energy) ist in die aktuelle Bluetooth 4.x Spezifikation integriert und erlaubt einen kabellosen Datenaustausch über Distanzen bis zu maximal 12 – 15 Metern.
Durch die „Low Energy“ Implementierung des Protokolls kommen die BLE-Sensoren bzw. -Sender mit sehr wenig Energie aus. Eine Knopfzellenbatterie gewährleistet daher einen längerfristigen Betrieb (die aktuellen Anbieter sprechen von 12 bis 24 Monaten). Dies erlaubt neben der klassischen Variante mit Computern und Smartphones auch den Einsatz in speziellen BLE-Sendern oder Dingen des alltäglichen Gebrauchs, ausgestattet mit speziellen Sendern, den (engl.) Beacons. Hier beginnt das „Internet der Dinge (IoT – oder Internet of Things)„. Spezielle Beacons wie z. B. die von Estimote werden im 4er Set für Entwickler schon ab ca. 75 € angeboten.
Die Datenübertragungsraten sind bei BLE allerdings begrenzt und dienen hauptsächlich zur Übermittlung von Signalen oder zum Verteilen kleinerer Datenmengen.
Größere Flächen wie z. B. Restaurants oder Läden können mit mehreren Beacons abgedeckt werden. Der vernetzte Einsatz erlaubt die Lokalisierung von Kunden auf ca. 1 bis 2 Meter genau.
Sehr vereinfacht erklärt, identifiziert bzw. identifizieren die Beacons ein in Reichweite befindliches Bluetooth Gerät und erlauben so eine gezielte Kontaktaufnahme. Durch den eindeutigen Identifier (20 bytes) des Beacon lässt sich somit auch der Standort bestimmen (welches Gerät bei welchem Beacon). Durch eine App oder das Betriebssystem erfolgt dann die Kommunikation zum Bluetooth-Gerät Kunden oder Gastes.
Grundsätzlich sei erwähnt, dass die Beacons keine Sende-Maschinen sind, die jedes in Reichweite befindliche Gerät mit Informationen fluten und damit die Benutzer in den Wahnsinn treiben.
Benutzer werden nur mit Push-Nachrichten versorgt, wenn dem explizit zugestimmt wurde. Dies geschieht üblicherweise durch ein „Opt-In“ in den jeweiligen Apps des Anbieters oder durch eine generelle Erlaubnis über das Betriebssystem, wie z. B. iOS oder Android.
Apple hat bereits 2011 mit der Einführung des iPhone 4s, dem iPad, dem MacBook Air und dem MacBook pro die neueste Bluetooth Version in die Geräte integriert.
Schon mit der der Einführung von iOS7 und OS X Mavericks wurde die Integration von Bluetooth smart/BLE seitens Apple vervollständigt und ist daher ein etablierter Weg, weitere Entwicklungen mobiler Marketing-, Identifikations-, Bezahl-, Loyalty- oder Couponing-Systeme stark zu beeinflussen. Apple hat der Technologie auch einen neuen i-Namen spendiert und nennt die Apple Implementierung von Bluetooth Smart oder Bluetooth Low Energy: iBeacons.
Richtig interessant wird es aber, wenn man sich die Entwicklung von Bluetooth smart/BLE bei anderen Größen der Szene ansieht:
Durch die Strategie der „stillen Revolution“ erzeugen die Hersteller eine kritische Masse von Anwendern. Werden dann Programme, Apps, etc. für diese Technologie entwickelt und auf den Markt gebracht, kann der Anbieter bzw. der Entwickler von Anfang an auf ein auf eine große Anzahl potentieller Kunden vertrauen.
BLE hat durchaus das Zeug, sich zu einem wichtigen Player im Markt zu entwickeln. Das große Interesse sowie erste flächendeckende Installationen meiner Kunden erlauben mir, dieser Technologie durchaus gute Zukunftschancen zu bescheinigen. Man wird sehen…